Deutsches Pferdemuseum zeigt verborgene Schätze

Von ANGELIKA SIEPMANN

Verden. Das Deutsche Pferdemuseum am Holzmarkt präsentiert auf zwei Etagen eine Fülle von Ausstellungsobjekten. Es kann aber längst nicht alles zeigen, was es an Schätzen und Raritäten zu Ross und Reitern verwahrt. Die Depots und der Dachboden sind voll und enthalten so manche Kostbarkeit. Einmal im Monat rückt das DPM nun einen „hippologischen Leckerbissen“ ins Rampenlicht.

Für den Auftakt der Aktion, die vorerst bis Jahresende geplant ist, haben die Initiatoren die Karikatur „Harte Zeiten für Postillone“ ausgewählt. Dabei handelt es sich um eine Lithografie aus der Feder des bedeutenden französischen Künstlers Honoré Daumier von 1848.

Daumier thematisiert darin auf skurril-humorvolle Weise die Konkurrenz zwischen den Postillonen und der Eisenbahn im 19. Jahrhundert. Im Vordergrund der Grafik sind drei Postillone vor einer Poststation zu sehen. Resigniert bis verzweifelt blicken sie einem Zug nach. Die französische Bildunterschrift lässt sich etwa so übersetzen: „Es ist kaum zu glauben, dass uns jetzt alle Reisenden vor der Nase weggeschnappt werden.“

Die Druckgrafik entstand im Rahmen einer Folge mit dem Titel „Les chemins de fer“ (Die Eisenbahn), deren einzelne Blätter in der Zeitung „Le Charivari“ veröffentlicht wurden. Dieses täglich erscheinende Blatt wurde 1832 gegründet und bestand aus einem in der Mitte gefalteten Bogen. Die Karikatur befand sich immer auf der dritten Seite.

Broschüre zum Nachlesen

Da viele Franzosen damals nicht lesen und schreiben konnten, nahmen Zeichnungen einen hohen Stellenwert ein – so verstanden auch Analphabeten die Botschaft. Daumier setzt sich seiner Karikatur auch mit der Entwicklung auseinander, die in der ersten Hälfte des 19. Jahrhunderts einen gewaltigen Umbruch darstellte: die Verdrängung des Pferdes aus seinen angestammten Aufgabengebieten durch fortschreitende Industrialisierung und Mechanisierung.

In Deutschland verkehrte die erste Eisenbahn 1836. Bis dahin war der Personentransport im Fernverkehr größtenteils durch das Postverkehrsnetz abgedeckt. Auch wenn der Wandel langsam vonstatten ging und die Postkutschen lange Zeit Zubringerdienste zu den Bahnhöfen leisteten, verloren viele Pferdewechselstationen und Gasthöfe über die Jahre an Bedeutung.

Wissenswertes zum „Leckerbissen“ des Monats lässt sich in der kleinen, bebilderten Broschüre nachlesen, die jeweils zu den ausgewählten Exponaten erscheint. Das Heft ist gegen eine geringe Gebühr im Museumsshop erhältlich.

Der „Leckerbissen“ wird jeden Monat in einer Vitrine präsentiert, die im Erdgeschoss des Museums steht. Das Stichwort unterstreichen in der aktuellen Dekoration Zuckerstückchen und (künstliche) Äpfel. Wer genau die Idee zu der Sonderaktion hatte, ließ sich gestern im Pressegespräch nicht herausfiltern. Es dürfte aber die Kunsthistorikerin Christine Rüppell dahinterstehen, die als wissenschaftliche Mitarbeiterin im Deutschen Pferdemuseum tätig ist. Ihr zur Seite stehen mit großem Engagement die Leiterin der hippologischen Fachbibliothek, Britta Stühren, sowie der Vorsitzende des Trägervereins Pferdemuseums, Rainer Kiel.

Als Herr des Hauses gab Kiel den symbolischen Startschuss für die neue Sonderaktion. Er weiß am besten, dass der Hort der Hipposchätze noch so manche Überraschung birgt: „Die schönsten Sachen liegen im Magazin.“ Nach und nach sollen sie ans Tageslicht befördert werden.

02.02.2011