Lebenshaltungskosten zur Zeit Daumiers
Einige nicht allzu ernst gemeinte Beobachtungen über die Kosten des täglichen Lebens im Paris des 19. Jahrhunderts.
Zusammengestellt von L. & D. Noack seit 1999. Zuletzt aktualisiert: 25.Mai 2020

In der Literatur wird oft erwähnt, dass Daumier ein relativ armer Mann war, der dem Rat von Corot folgte, dass ein Künstler immer Schulden haben sollte, um von seiner Umgebung wirklich geschätzt zu werden. (Laut K.E. Maison, S.39, war es Balzac, der Daumier diesen Ratschlag gab.) Diese Meinung wurde von Cherpin in seiner Veröffentlichung „Le dernier cahier de comptes de Daumier“ gut dokumentiert. Revue Municipal nr. 29 S. 34-38 und 40-41, Marseille Mai-Juillet 1956. Dieses Heft zeigt Daumiers handschriftliche Ausgaben und gibt auch an, wie viel er von Le Charivari für jeden Druck erhielt (siehe auch B. Laughton „Honoré Daumier“. Yale University Press, New Haven 1996).
Erstaunlich ist, dass der Betrag, den Daumier über einen langen Zeitraum seines Lebens monatlich erhielt, als er für Le Charivari arbeitete, ihm ein recht komfortables Leben ermöglicht haben dürfte. Sie finden hier eine Liste mit einigen Waren des täglichen Bedarfs, die in Paris zu dieser Zeit verkauft wurden. Die Preise stammen entweder aus Cherpins Beobachtungen, aus den Bildunterschriften von Daumiers eigenen Lithographien oder später direkt aus den in Le Charivari veröffentlichten Anzeigen.
Wenn man bedenkt, dass Daumier neben seinen Lithographien auch Holzstiche sowie Zeichnungen und Gemälde im späteren Verlauf seines Lebens verkaufte, scheint es schwierig zu sein, herauszufinden, was Daumier mit seinen Einkünften machte. Vielleicht wird uns eines Tages eine Forschungsarbeit Aufschluss über die Ausgabengewohnheiten von Daumier geben. Vielleicht können wir dann herausfinden, warum er trotz seiner recht ausreichenden Mittel in finanzielle Schwierigkeiten und Armut geriet.
Thierry Lefrançois veröffentlichte 1982 (Flammarion) seine Forschungen auf der Grundlage der Geschäftsbücher von Cherpin. Auf Seite 5 rechnet er vor, dass Daumier ab 1830 für jede der 4’000 Lithographien 40 Francs und für jeden der 1’000 Holzstiche 20 Francs erhielt. Betrachtet man den Zeitraum zwischen 1835 und 1845, so belief sich sein monatliches Einkommen auf 300-600 Francs, was fast dem 5- bis 10-fachen des Durchschnittseinkommens eines Arbeiters entsprach. Für seine Zeichnungen erhielt er bis 1872 zwischen 100 und 500 Francs, für seine Ölgemälde zwischen 1000 und 1500 Francs. Lefrançois vermutet, dass der Grund für die notorische Geldknappheit im Hause Daumier darin liegen könnte, dass er während seines gesamten aktiven Lebens seine Eltern sowie die umfangreiche Familie seiner Frau großzügig unterstützte.
JAHR | PREIS IN FRANCS | PRODUKT |
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1835 | 0.50 | Preis für 1 Pfund Tabak |
1835 | 50.00 | Monatliches Abonnement für La Caricature |
1835 | 0.30 | Unbegrenzte Busfahrten in der Stadt |
1836 | 72.00 | Jährliches Abonnement für Le Charivari |
1837 | 55.00 | Preis für das Album Caricaturana, mit 80 Farbabbildungen |
1837 | 1.50 | Preis für prix fixe Nachtessen (zwei Hauptgänge, Nachspeise und ein Krug Wein) |
1838 | 30.00 | Monatsgehalt für einen ungelernten Arbeiter |
1839 | 32.00 | Preis für das Album Les Moeurs Conjugales, mit 60 Lithographien |
1839 | 800.00 | Vollständige Sammlung von Le Charivari vom 1/1/1832 bis 12/31/1838: 12 Bände |
1839 | 0.75 | Portraits von Politikern, die in Le Charivari erschienen (Preis pro Druck) |
1840 | 40.00 | Bezahlung, welche Daumier für jede Lithographie erhielt, die er Aubert ablieferte |
1840 | 5.00 | Bezahlung, welche Huart, Jaime, Biais etc. erhielten für jeden Text, den sie Aubert ablieferten |
1841 | 9.00 | Preis für das Album Physionomies Tragico-Classiques, mit 15 Lithographien |
1841 | 7.50 | Miete eines Kostüms für einen Ball |
1842 | 0.05 | Preis für 0.25 Liter Milch |
1842 | 2.00 | Preis für ein "vol au vent" |
1842 | 0.20 | Eintritt zu den öffentlichen Badeanstalten an der Seine |
1842 | 3.00 | Preis für einen (natürlichen) Schwamm |
1842 | 2.00 | Bahnticket 1. Klasse Paris-Orléans |
1842 | 1.50 | Bahnticket 2. Klasse Paris-Orléans |
1842 | 1.00 | Bahnticket 3. Klasse Paris-Orléans (ohne Dach!) |
1842 | 0.20 | Eintritt zu den "besseren" privaten Badehäusern |
1842 | 0.10 | Eintritt zu den öffentlichen Badehäusern |
1842 | 60'000 | Madame Dorus-Gras, die wahrscheinlich die beste Sängerin und Schauspielerin dieser Zeit war, verdiente diesen Betrag pro Jahr. |
1842 | 75'000 | Madame Slotz, eine ebenso berühmte Schauspielerin, erhielt diesen Betrag pro Jahr für ihre Leistung in "Rosine". |
1843 | 12.50 | Preis für das Album Les Canotiers de Paris |
1843 | 7.50 | Preis für das Album Les Chemins der Fer |
1844 | 100'000 | Bezahlt an Eugene Sue für 10 Serien von "Le Juif Errant" |
1844 | 0.25 | Preis für eine Zigarre vom Typ Caillou |
1845 | 0.30 | Versicherungsprämie für Zugunfälle innerhalb von 400 km Entfernung |
1845 | 5.00 | Addressliste aller 20'000 Ärzte und Apotheker (La France Médicale) |
1846 | 60.00 | Jahresabonnement für Le Charivari, Werbung und Anzahl der Abonnenten reduzierten die Kosten |
1848 | 0.05 | Gebühr für das Überqzeren der "pont des Arts" Brücke |
1848 | 45.00 | Monatseinkommen eines ungelernten Arbeiters |
1848 | 35.00 | Bahnticket 1. Klasse Paris-London |
1848 | 25.00 | Bahnticket 2. Klasse Paris-London |
1849 | 25.00 | Tagegeld für die Mitglieder des Parlaments |
1850 | 2.50 | Günstiges "prix fixe menu" |
1850 | 25.00 | Volles Menu in einem Luxus-Restaurant |
1850 | 50.00 | Monatsgebühr für Privatschule |
1850 | 200.00 | Kurse zur Vorbereitung auf die Matura (ohne Garantie!) |
1851 | 50.00 | Preis für einen Wintermantel (paletot) |
1851 | 19.00 | Preis für ein Paar Satinhosen (weiss!) |
1851 | 400'000.00 | Wert eines Goldbarren (lingot) |
1852 | 5.00 | Sonderzugticket für den Sommer von Paris ans Meer |
1852 | 1.50 | Ein Pfund Schokolade |
1852 | 2.90 | Sonderverkauf von venezianischen Hemden |
1852 | 12.50 | Sonderverkauf von 12 Servietten (regulärer Preis: 18.00) |
1852 | 1.00 | Eintritt zum Salon in Paris (Kunstausstellung) |
1853 | 0.15 | Busfahrt auf der "Imperial" in Paris |
1854 | 0.30 | Busfahrt in Paris |
1854 | 0.20 | 100 Briefumschläge |
1854 | 1.00 | 1 Flasche Grippe-Medizin |
1854 | 450.00 | Preis für ein gutes Klavier |
1854 | 1'000.00 | Prämie von "Eau Parisienne", wenn die Sommersprossen nicht verschwinden |
1854 | 6.00 | Preis für das Album "Chargeons Les Russes" |
1854 | 3.00 | Hautcreme für Blonde und Brünette |
1855 | 0.20 | Eintritt zur Weltausstellung |
1855 | 60.00 | Ein handgeschneidertes Damenkleid |
1855 | 13.40 | Monats-Abonnement für die London Times |
1855 | 21.40 | 3 Monats-Abonnement für die Bruxelles Independance |
1855 | 6.50 | 3 Monats-Abonnement für die Köln Gazette |
1855 | 0.75 | Reklame pro Zeile in Le Charivari |
1855 | 3.50 | Eine Rossini Feder (mit Porträt des berühmten Komponisten) |
1856 | 150.00 | Ein Fass = 114-136 Liter (une feuillette) guten Bordeaux Wein |
1856 | 250.00 | Eine Wochenreise Paris-London, alles eingeschlossen |
1856 | 8.50 | Herrenjacke im Angebot (regulärer Preis: 29 Fr) |
1856 | 12.00 | Glass und Monokel aus Brasilianischem Kristall |
1856 | 5'475.00 | Abonnement für eine Box für 6 Personen während 6 Monaten im Théatre Italien in Paris |
1856 | 507.00 | Abonnement für 2 Plätze in der 4. Kategorie im Théatre Italien |
1857 | 5.00 | 100 Pillen gegen Fettleibigkeit |
1857 | 1.00 | Tageskarte für Spekulation an der Börse. Jahreseintritt 175 Fr. |
1858 | 106.00 (=20 US Dollar) | Preis für eine Aktie für die amerikanische Eisenbahn von New York nach Galveston und Mexico. |
1859 | 3.00 | eine Flasche Haartonikum (Erfolg nicht garantiert) |
1860 | 16.00 | Jahresabonnement für die zweiwöchentliche Zeitschrift "Horticulturist" |
1861 | 1.00 | Eintritt für den Zoo-Botanischen Garten |
1861 | 0.50 | Eine Flasche einfachen Weins |
1861 | 8'000.00 | Jahresmiete eines Hauses nahe den Champs-Elysées |
1862 | 10.00 | Medizinische Behandlung von "geheimen Krankheiten" (Erfolg garantiert!) |
1864 | 1.00 | Ein kleines Glas "eau de vie" (harter Likör) |
1864 | 12.00 | Zugfahrkarte 2. Klasse Paris-Le Havre und zurück |
1864 | 68.20 | Zugfahrkarte in der 1. Klasse für eine 15-stündige Reise von Paris nach Bern (51 Franken in der 2. Klasse, 38 Franken in der 3. Klasse) |
1865 | 3.00 | Kleinanzeige im Le Charivari |
1865 | 45.00 | Aufenthalt in einem Privatspital für 8 Tage |
1865 | 1.50 | Leichtes Mittagessen auf dem Montmartre |
1865 | 250.00 | Daumiers Jahresmiete für das Haus in Valmondois |
1865 | 5'000.00 | Kaufpreis für Daumiers Haus in Valmondois (Option erwähnt im Mietvertrag). |
1866 | 0.15 | Kurze Busfahrt in Paris |
1867 | 24.00 | 12 versilberte Kaffeelöffel |
1868 | 46.00 | 12 versilberte Messer |
1868 | 1.50 | Eine Flasche eau de toilette (welches auch der Kaiser benützt) |
1870 | 15'000.00 | Jahresgehalt eines Senators |
1871 | 30'000.00 | Jahresgehalt des gleichen Senators ein Jahr später |
1879 | 0.50 | Eine Ausgabe der Almanachs du Charivari |