DAUMIER UND SEIN PARIS. Kunst und Technik einer Metropole. Eine Ausstellung im LA8 ab September

Vom 18. September 2010 bis zum 20. März 2011 zeigt das Museum für Kunst und Technik in Zusammenarbeit mit der HONORÉ DAUMIER-GESELLSCHAFT die Ausstellung Daumier und sein Paris. Kunst und Technik einer Metropole. Daumier und Paris – darin bündeln sich künstlerische, städtebauliche und technische Innovationen ersten Ranges. Honoré Daumier (1808–1879) ist laut Baudelaire der erste wahrhaft moderne Künstler, auch weil er abseits der höherrangigen Malkunst das vorher wenig geschätzte Reproduktionshandwerk des Druckens zu einem eigenständigen künstlerischen Träger von Aktualität entwickelte. Daumiers Stadt – Paris – ist der erste und entscheidende Modelfall einer modernen Metropole. Daumiers technisches Medium, die Lithografie, ist das erste visuelle Massenmedium und trug so zum Entstehen des modernen, tagesaktuellen und auflagenstarken Zeitungswesens und damit städtischer Öffentlichkeit bei.

Die 220 Lithografien, die in der Ausstellung gezeigt werden, stellen eine Auswahl aus Daumiers rund 4.000 Druckgrafiken dar, die für die Zeitschriften La Caricature und Le Charivari entstanden sind. Sie bieten einen umfassenden Rundgang durch das tägliche Leben der Pariser Bürger im 19. Jahrhundert. Die zunehmende Industrialisierung beeinflusste nicht nur das Verkehrswesen, sondern auch die Arbeits- und Vorstellungswelt. Daumier hielt die Modernisierung der noch innerhalb einer mittelalterlichen Verteidigungsanlage befindlichen Kernstadt zu einer Metropole in seinen Lithografien fest, während sie sich gerade ereignete. Er hatte dabei weniger das ihm immer wieder zugeschriebene Lustige als vielmehr das Paradoxe moderner Großstadterfahrung im Blick. Der massive Stadtumbau bescherte den normalen Bürgern vollkommen neue Erfahrungen: sich im eigenen Zuhause nicht mehr zurechtzufinden oder ehemals vertraute Straßenzüge oder Kaufhäuser in Labyrinthe verwandelt vorzufinden.

Als Georges-Eugène Baron Haussmann (1809–1891) die ehrgeizigen Pläne Kaiser Napoléons III. zur Stadterneuerung umsetzte, entstanden nicht nur neue Bahnhöfe und prachtvolle Boulevards, sondern auch neue Elendsquartiere ohne Anschluss an die öffentliche Wasserversorgung, ohne Anbindung an den neuen und zeitgemäßen Komfort. Die Wohnungsnot sowie neue und findige Erwerbsmöglichkeiten kommentierte der viel beachtete Karikaturist ebenso wie die Eigenheiten der aufkommenden Hygienepraktiken auf Badebooten, die in der Seine vor Anker lagen.

Innerhalb der Ausstellung veranschaulichen die Druckgrafiken das Werden und Leben in dieser Stadt der Moderne. Mehrere historische Stadtpläne dokumentieren die baulichen Veränderungen und die Konzeption einer Stadterneuerung. Eine Lithografiepresse aus dem Jahr 1850 erinnert an die Ende des 18. Jahrhunderts von Alois Senefelder entwickelte Drucktechnik. Die Ausstellung lädt zum Bummel durch Paris ein – eine Zeitreise in die wechselvolle Geschichte einer Stadt zwischen Revolutionen, Republiken, Kriegen, aber auch der Weltausstellungen und der subtilen Umgehung von Zensuren im Pressewesen.