Eine Ausstellung zum 130. Todestag von Honoré Daumier in München

Honoré Daumier ist die historische französische Grösse unter den Karikaturisten. Im Münchner Museum Villa Stuck werden nun parallel zu seinen vortrefflichsten Lithografien auch Beispiele des schmalen skulpturalen Schaffens präsentiert. Daumier wäre lieber freier Künstler geworden, wenn es die Finanzen erlaubt hätten.

Birgit Sonna

Monsieur Arlepaire schien, seiner tropfenden und angeschwollenen Nase nach zu urteilen, chronisch unter schlimmem Schnupfen zu leiden. Schwer vorstellbar, dass der französische Parlamentarier bei diesem feuchten Malaise auch nur einen vernünftigen politischen Gedanken fassen konnte. Und auch sein körperlich aufgeblasener Kollege Monsieur Prune blickt unter der schwarzen Zottelfrisur eher selbstverdrossen aus der Wäsche. Honoré Daumier hat auf Wunsch seines Auftraggebers Charles Philipon zwischen 1831 und 1835 französische Parlamentarier in Form von Tonbüsten nach den von ihm brillant ausgeloteten Regeln der Karikatur verewigt. Eigentlich nahm er das Lachkabinett nur in Angriff, um die sehr skizzenhaft in ungebranntem und bemaltem Ton gegebenen Politikervisagen später als Anschauungsmaterial für seine Karikaturen in den von Philipon herausgegebenen Satirezeitschriften «La Caricature» und «Le Charivari» auszuschlachten. Erst nach Daumiers Tod sind die physiognomisch skurril überzeichneten Charakterbüsten dann in Bronze gegossen worden. In dem Münchner Museum Villa Stuck finden sich diese nahezu einzigartigen skulpturalen Beispiele seines Schaffens und rund 100 seiner vortrefflichsten Grafiken zu einer Gedenkschau vereint.

 

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